Infinite Monkey – Der Tag danach


Infinite MonkeyGestern Abend war Lesebühne. Für mich hieß das, dass ich zum ersten Mal einen eigenen Text vor größerem Publikum vorgelesen habe (das erste Mal überhaupt einen eigenen Text vorgelesen, habe ich am Donnerstag, beim Autorentreffen).

Leider wurde zu Beginn angesagt, dass die Lesezeit 7 – 8 Minuten betragen würde, was weniger war, als zuvor angekündigt (eigentlich sollten es 10 sein), was dazu geführt hat, dass ich mich auf einen Text reduziert habe – später erfuhr ich dann, dass die Ansage ein Fehler war, und es kein Limit gab, aber da war es schon zu spät.

Zuerst wollte ich dann lediglich den mitgebrachten Textausschnitt aus dem ersten Band der Schattengalaxis vorlesen, aber nachdem die restlichen Vorträge alle recht depressiv waren (viele Gedichte über Tod und Ablehnung), habe ich mich dann überreden lassen, doch lieber etwas lustiges vorzulesen. Also las ich einen Zipfelmützenzwerge-Text vor (bei dem ich während des Vorlesens die Satzstruktur anpasste, weil sie im eigentlichen Text doch sehr wirr war… ich schiebe es auf das Alter des Textes).

Wer die bereits kennt, der weiß, wie durchgeknallt die sind. Wer sie nicht kennt, kann das jetzt nachholen, mit Die Wettermaschine.

„Leise rieselt der Schnee, still und starr ruht der See…“

Donnerte es aus den Lautsprechern der Wetterkontrollstation. Irgendein Idiot hatte einen Flammenwerfer der Klasse „Extra extra extra hot burning Zipfelmützenzwerg“ in den Hauptmotor fallen lassen – und nun lag ganz Zwergengarten unter einer riesigen Schneedecke. Wenn er herausfinden sollte, wer das war, würde er ihm seinen grünen Daumen, den er sich vor Jahren mal unter einem Schrank eingeklemmt hatte, in die Augen stechen.

Eigentlich sollte strahlender Sonnenschein herrschen, ein Winter war erst in fünfunddreißig Tagen angesetzt – und dann auch nicht so massiv. Auf dem Weg zur Station hätte er ein Periskop nutzen müssen, um über die fünfundsiebzig Zentimeter hohe Schneedecke gucken zu können.

Er hatte nur keins dabei gehabt und ist dadurch dreimal gegen einen Baum, fünfmal gegen eine Laterne und einmal gegen eine junge Zwergin gerannt. Mit der Zwergin hatte er sich daraufhin verlobt, wie es üblich war, wenn man auf der Straße zusammenstieß. Aber auch das konnte seine Laune nicht heben.

Jetzt musste er den Flammenwerfer aus dem Motor holen und er hatte keine Ahnung, wie er das anstellen sollte. Bumbum hatte ihm Hilfe angeboten, aber Granulat hatte so ein Gefühl, dass die Hilfe durch Krachbumm Nr.5 (seinen neuesten Sprengstoff) erfolgen würde. Also hatte er abgelehnt.

Er rannte mehrere Minuten wild denkend um seinen Schreibtisch, dann hatte er eine Idee.

„Tippi, schick mir doch bitte zwanzig freiwillige in den Motorraum. Danke“

Tippi war seine Sekretärin, eigentlich hieß sie Tipptoppallesflott, aber der Name war ihm zu lang – also nannte er sie Tippi. Er schaute auf seine Uhr, die zwanzig Freiwilligen würden sicher noch einige Minuten brauchen, um sich in der Halle zu sammeln. Genug Zeit, den Namen seiner Verlobten herauszufinden, sie anzurufen und sich am Nachmittag für die Hochzeit zu verabreden. Granulat rief die Computerdatenbank auf und suchte nach ihr. Nach zehn Minuten hatte er das passende Gesicht gefunden.

Sie war siebzehn Jahre alt, und damit seit fünf Jahren heiratsfähig. Er fragte sich, warum noch niemand auf der Straße mit ihr zusammengestoßen war, aber im Grunde war es ihm egal, jetzt gehörte sie ihm. Ihr Name war Neutlu Zwergu, das bedeutete so viel wie „jung und willig“, wenn man es in die Sprache des Nordkontinents übersetzte. Und sie war wirklich willig gewesen, die Verlobung wurde direkt im Schnee vollzogen, ohne sich in ein Haus zurückzuziehen.

Sie hatten ihre Nasen aneinandergestoßen und waren im Kreis umeinander getanzt. Wenn sie jemand dabei gesehen hätte, wären sie wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses eingesperrt worden. Aber es hatte sie niemand gesehen.

Als er wieder auf die Uhr sah waren fünfundzwanzig Minuten vergangen, die freiwilligen sollten mittlerweile versammelt sein. Schnell rannte er aus seinem Büro und hinunter in den Motorraum. Zwanzig Zipfelmützenzwerge warteten auf ihn.

Er stellte sich vor sie auf ein Podest und erklärte ihnen schnell, was sie zu tun hatten.

Fünf Minuten später hing eine Kette von zwanzig Freiwilligen, kopfüber von einem Kran in den Hauptmotor. Der unterste Zipfelmützenzwerg griff nach dem brennenden Flammenwerfer und hob ihn an. Bevor er in Flammen aufging reichte er ihn nach oben weiter. Der nächste Zipfelmützenzwerg tat es ihm nach, der nächste wieder und so weiter. Bis der Flammenwerfer am Ende der Kette angekommen war und der letzte Zwerg ihn auf die Ladefläche stellte, um dann selbst in Flammen aufzugehen.

Zufrieden dreht Granulat sich um und ging wieder in sein Büro, in seinem Vorzimmer hielt er kurz an und teilte Tippi mit, dass sie zwanzig neue Arbeiter brauchen würden.

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