Schattengalaxis II – Das Verhör


Schattengalaxis II - FeuertodEin Auszug aus dem 7. Kapitel von Schattengalaxis II – Feuertod.

Shannon – Orion III

Eine Dreiviertelstunde später standen sie im Haus von Mia Udinov und die Hausherrin saß gefesselt auf einem Stuhl vor ihnen im Wohnzimmer. An der Wand hingen echte Gemälde, keine Hologramme, von Künstlern, die Roberto nicht kannte. Für ihn sahen sie mehr wie wahllos zusammengeworfene Farbkleckse aus, aber Kunst hatte ihn schon immer verwirrt. Unter dem größten Gemälde, das aussah wie hingekotzt, soweit es ihn betraf, befand sich ein überdimensionierter steinerner Kamin in dem ein Feuer knisterte.

Trotz der Gemälde und des Kamins bestand die restliche Einrichtung nur aus schwachen Kraftfeldern, die Möbel nachstellten. Ein leichtes Schimmern verriet, wo sie sich befanden und Roberto wusste aus Erfahrung, dass die Kraftfelder im Dunkeln leuchten würden, damit man nicht gegen sie rannte und sich verletzte. Den Stuhl an den sie Udinov gefesselt hatten, hatten sie aus einem der anderen Zimmer bringen müssen, damit sie die Kraftfelder nicht einfach durch ein Codewort deaktivieren und sich dadurch befreien konnte.

Da es in der Stadt keine Sprungstörfelder gab, war das Eindringen in das Haus ein Kinderspiel gewesen. Zuvor hatten die Nanobots das Haus nach Kameras und Wanzen abgesucht und sie mit einer Schleife überlagert. Niemand würde merken, dass sie hier waren.

„Ich wusste, mit euch stimmt etwas nicht.“, schrie Udinov sie an.

Roberto ignorierte die Frau und gab Helena stattdessen zu verstehen, dass sie sich im Haus umsehen sollte. Er wollte mit ihrer Geisel allein sein.

Als er die Treppe in den ersten Stock knarren hörte schloss er die schwere Eichentür zum Wohnzimmer und sah Mia ein paar Sekunden an. In ihren Augen konnte er sehen, wie sie Angst bekam. Bisher war dort tatsächlich keine zu sehen gewesen, aber sie schien zu realisieren, was sich geändert hatte. Sie waren alleine. Was auch immer passierte, es würde keinen Zeugen geben.

Roberto atmete einmal tief durch und stieß die Luft geräuschvoll wieder aus.

„Weißt du, ich hasse, was ich jetzt tun muss. Es gibt Menschen, die fühlen dabei nichts, oder mögen es sogar. Aber ich? Ich könnte auch darauf verzichten.“

Er sah sie wieder einfach nur an und gab ihr einen Moment, um zu verarbeiten, was er gesagt hatte. Die Angst in ihren Augen wurde größer, aber sie schwieg.

„Versteh mich nicht falsch, ich bin gut darin. Ich wurde von den besten ausgebildet. Dennoch…“, er zog ein Messer aus seiner Tasche und begann geistesabwesend damit zu spielen, „Manche Schreie verfolgen mich bis heute. Werden mich womöglich mein ganzes Leben verfolgen.“

„Sie… Du… Du musst das nicht tun.“, stammelte sie.

„Siehst du, da liegst du falsch. Ich brauche Informationen. Informationen, die nur du mir geben kannst. Ich habe also keine Wahl.“

„Was… was für Informationen?“

„Das weißt du ganz genau.“, noch immer spielte er mit dem Messer in seiner Hand.

Er ließ sich schwer auf eines der Kraftfeldsofas sinken. Für einen Moment hatte er das Gefühl zu fallen, doch das Kraftfeld fing ihn auf und ließ ihn praktisch in der Luft schweben.

Sehr gemütlich.

„Aber vielleicht hast du Recht. Vielleicht muss ich das hier wirklich nicht tun.“

In ihren Augen wurde ein Anflug von Erleichterung sichtbar.

„Wenn du mir hilfst, kann ich uns ersparen, was ich tun muss…“

„Alles, alles was du willst.“, sie flehte förmlich.

Zehn Minuten später hatte er sämtliche Informationen die er brauchte, um in die Anlage zu kommen. Als Helena wieder in das Wohnzimmer kam sah zu der leblos auf dem Stuhl zusammengesunkenen Udinov.

„Ist sie tot?“

„Ja.“, antwortete Roberto knapp.

Er hatte nicht gelogen, als er gesagt hatte, dass er hasste, was folgen würde. Aber es war notwendig. Sie waren nur zu zweit und er konnte Helena nicht zurücklassen, um ihre Geisel zu bewachen – und unbewacht konnte er sie auch nicht lassen, falls sie sich befreien konnte. Also hatte er sie töten müssen.

Wenigstens hatte er der Frau einen schnellen und schmerzlosen Tod gegönnt. Nicht jeder war da derart zurückhaltend. Er hatte Gerüchte von einer Level Fünf Agentin gehört, die ihre Opfer ausbluten ließ. Beim Gedanken daran lief es ihm eiskalt den Rücken runter.

„Wir brauchen ihre Hand, um den Fingerabdruck- und DNS-Scanner auszutricksen und ihren Büroausweis.“

Ohne mit der Wimper zu zucken zog Helena ihre Laserpistole, stellte sie auf einen konstanten, kurzen Strahl und schnitt der Toten beide Hände ab. Den Büroausweis hatte sie sich bereits an die Brust geheftet, sie musste ihn im ersten Stock gefunden haben.