Schattengalaxis III – Prolog


Schattengalaxis III - Das letzte Gefecht (Taschenbuch)Zu Beginn des Prologes von Schattengalaxis III – Das letzte Gefecht beschäftige ich mich mit den Ix, die diesmal eine aktivere Rolle einnehmen. Auf der Lesebühne im Dezember wollte ich den folgenden Abschnitt komplett vortragen, habe mich dann aber gekürzt, damit Zeit für mehr Autoren war. Hier findet ihr nun den vollständigen Abschnitt, wie ich ihn ursprünglich lesen wollte.

Auf der Lesebühne endete ich nach: Was im Namen der Gottheit war das?

Prolog

Ca. 5.000 Jahre v. Chr.

Flaggschiff Preiw’izow – Uilopis System

Ein Ruck ging durch das Schiff und sie fielen aus dem Hyperraum. Admiral Zeris’opa stand allein auf der Brücke der Preiw’izow in der Mitte eines Hologramms des Systems. Um ihn herum kamen mehr und mehr Schiffe aus dem Hyperraum, bis die gesamte Flotte der Ix im System angekommen war. Thar’ara’tedos, ihr Hirachosa im Körper des Präsidenten der Setzät, hatte die gesamte Flotte ihres Feindes ins System verlegt, angeblich für einen großen Gegenschlag gegen die Ix. Aber sie waren nicht darauf vorbereitet, sich ihnen in all ihrer Herrlichkeit zu stellen.

Sie hatten die letzten zwei Wochen im Hyperraum gesteckt, ohne jeden Funkkontakt zu ihrer Flotte oder den anderen Teilen ihres Reiches und die ersten Statusmeldungen waren nicht alle positiv. Manche ihrer Schiffe meldeten Fehlfunktionen in verschiedenen elektronischen Systemen, aber das war nach längeren Hyperraumflügen normal – er hatte jedoch nicht mit der Vielzahl der Meldungen gerechnet.

Egal, unsere Flotte ist dem Feind auch so noch immer weit überlegen. Wir werden den Widerstand brechen, ein für alle Mal. Die Galaxis wird uns gehören.

Der Widerstand der Setzät war unerwartet gewesen. Etwas, das sie noch nie zuvor erlebt hatten. Sie hatten Galaxien über Galaxien ihrem Willen unterworfen, verbrachten Jahrhunderte auf den Reisen zwischen ihnen, wenn sie eine Galaxis ausgebeutet hatten und noch nie zuvor hatten sie einen solchen Widerstand erlebt – zumindest erzählten ihnen das ihre Geschichtenerzähler.

Zeris’opa hatte seine Zweifel daran, dass alles was sie erzählten auch wirklich stimmte – das würde er jedoch niemals offen zugeben. Die Geschichtenerzähler anzuzweifeln wurde mit dem Tod bestraft. Er selbst hatte bereits Untergebene hingerichtet, weil sie genau das getan hatten. Weil sie bemerkt hatten, was auch er bemerkt hatte: Die Geschichten der Geschichtenerzähler ergaben keinen Sinn, widersprachen sich sogar immer häufiger, desto öfter sie erzählt wurden. Aber man tat, was man tun musste, um das Reich zu erhalten.

Sie gaben sich immerhin auch mit den Hirachosa ab, einer widerlichen, im Labor gezüchteten, Perversion von Leben – dann konnten sie auch widersprüchliche Geschichten der Geschichtenerzähler überstehen.

Aber all das war nicht, warum sie hier waren. Es waren Nebensächlichkeiten, mit denen er sich ein Andermal befassen konnte. Er hatte eine Flotte in die Schlacht zu führen.

Er richtete sich auf all seinen zwölf Beinen auf, verschränkte seine vier Arme vor der Brust und streckte seine Kopftentakel weit von sich – eine Haltung, die Kraft und Selbstsicherheit ausstrahlte.

Auch wenn niemand auf der Brücke war, der ihn sehen konnte, so wurde sein Bild doch auf alle Schiffe der Flotte und zu den Besatzungsmitgliedern an den Waffensystemen der Preiw’izow übertragen. Aber so sehr er sich auch in Stellung brachte, er war kein Mann großer Worte, daher fiel seine Ansprache kurz aus:

„An alle Schiffe: Wir haben eine letzte Schlacht zu schlagen, bevor wir die Herrschaft über diese Galaxis erklären können. Ihr kennt den Plan. Auf in die Schlacht!“

Für seine Verhältnisse war das sogar eine recht lange Motivationsrede.

Um ihn herum flammten die Antriebe der holografischen Schiffe auf und die Flotte setzte sich in Bewegung.

14. März 2225

Ausbildungsschiff Kiwa’oro – Interdimensionale Spalte

Pawet’iru hörte dem Geschichtenerzähler zu, der der Gruppe von Kadetten eine andere Version der Geschichte erzählte. In seiner Version war Zeris’opa ein inkompetenter Admiral, der sich fast selbst in seinen zehn Beinen verhedderte, während er die Flotte in eine offensichtliche Falle schickte. Allein schon, dass er in der Geschichte nur zehn Beine hatte… Niemand aus den niederen Kasten hätte es je zum Admiral bringen können. Aber was erwartete sie auch von einer zehnbeinigen Missgeburt wie diesem Geschichtenerzähler?

Sie kannte die Wahrheit. Hatte die persönlichen Aufzeichnungen von Admiral Zeris’opa gesehen, die ihre Familie seit Generationen aufbewahrt hatte – immer darauf bedacht, dass ihre Abstammung vom Admiral nicht bekannt wurde. Nachdem die Setzät sie in die interdimensionale Spalte verbannt hatten, waren er und seine gesamte Familie hingerichtet worden. Alle bis, auf die ungeborene Tochter, die sich in einer Brutkammer an Bord eines der anderen Schiffe befunden hatte. Freunde hatten dafür gesorgt, dass sämtliche Aufzeichnungen über die Kammer aus den Archiven verschwanden und so gesichert, dass seine Linie weiterleben konnte.

Und jetzt musste sich Pawet’iru durch Geschichten voller Lügen quälen, um die militärische Ausbildung abzuschließen, die jeder hochgeborene, zwölfbeinige Ix durchlief. Plötzlich sah sie die anderen Kadetten um sie herum völlig verzerrt und sie hatte ein Ziehen im Magen, gefolgt von einem Gefühl der Übelkeit.

Was im Namen der Gottheit war das?

Die Gottheit… selbst wenn sie in ihren Gedanken fluchte, traute sie sich nicht den Namen der Unnennbaren auszusprechen.

Plötzlich war der Raum in ein warnendes, dunkles Blau getaucht und sie konnte Panik bei ihren Mitkadetten ausbrechen sehen – ihre Tentakel wirbelten wild durcheinander. Sie hatte mehr Selbstkontrolle und hielt ihre Tentakel eng an ihren Kopf angelegt. Einige der Kadetten waren ihre Freunde, aber plötzlich verspürte sie nur noch Verachtung für sie. Wie konnten sie so wenig Kontrolle über ihre Tentakel haben?

Der einzige andere im Raum, der nicht wild zuckte, war der Geschichtenerzähler. Für sie war er noch immer eine Missgeburt, aber sie gestand sich ein, dass sie seine Selbstkontrolle respektierte.

Es war keine Panik, sondern Neugierde, die sie dazu trieb ihre Beine unter sich zu entfalten und den Raum zu verlassen. Den hinter ihr her brüllenden Geschichtenerzähler, der sie aufforderte stehen zu bleiben, ignorierte sie. Er war unter ihrer Würde.

Auf dem Weg zur Brücke musste sie mehrere andere Ix aus dem Weg schubsen, um nicht stehen bleiben zu müssen. Einer von ihnen wollte ihr aber partout nicht aus dem Weg gehen, also musste sie drastischere Schritte ergreifen. Sie schlug mit allen vier Fäusten in sein Gesicht. Blaues Blut floss an ihm herunter und er ging zu Boden. Erst jetzt bemerkte Pawet’iru, dass es sich um einen Offizier handelte. Sie hatte die vier goldenen Sonnen auf seiner Uniform übersehen.

Nichts, was ich jetzt noch daran ändern könnte.

Sie schritt über den gefallen Offizier hinweg und hörte mehrere seiner Knochen brechen, als ihre zwölf Beine auf ihn traten. Sie schaute kurz zu ihm zurück, um sicherzustellen, dass sie ihn nicht versehentlich getötet hatte. Aber sie war zufrieden, sie hatte lediglich fünf seiner zehn Beine gebrochen, sein Brustkorb hob und senkte sich noch immer – zwar schwach, aber er lebte.

Gut. Sie hatte nicht vorgehabt, ihn zu töten.

Die durch den Gang eilenden Ix ignorierten den Vorfall. Sie alle wussten, dass eine Einmischung keine gute Idee gewesen wäre – und sie hatten eigene Aufgaben zu erfüllen, deren Vernachlässigung der Kapitän nicht gut aufgenommen hätte.

Die Geschichtenerzähler behaupteten, dass solch ein Verhalten bei anderen Spezies nicht auftreten würde, dass es das war, was die Ix überlegen machte, aber sie hatte eigentlich keine Chance, das zu überprüfen. Sie war in der interdimensionalen Spalte geboren und sie würde in der interdimensionalen Spalte sterben. Ihr einziger Kontakt zu anderen Spezies waren die Nachkommen der Sklaven, die sich während ihrer Verbannung auf ihren Schiffen befunden hatten – und die Wenigen von ihnen, die sich frei bewegen durften, dienten als Wirte für Hirachosa. An ihnen ließ sich das natürliche Verhalten der jeweiligen Spezies schlecht studieren, so gerne sie es auch getan hätte.

Als sie an der Brücke ankam, war der Zugang zum Beobachterring dicht gefüllt, aber sie schlug sich einen Weg durch die Menge, um den Kapitän bei seiner Arbeit beobachten zu können.

Normale Schiffe boten keine solche Beobachtermöglichkeiten, aber die Kiwa’oro diente der Ausbildung von neuem Schiffspersonal, sie mussten also in der Lage sein, sehen zu können was geschah. Und was sie sehen konnte, verschlug ihr den Atem.

Kapitän Cise’tre stand in der Mitte der Brücke, umrahmt von ihrer gesamten Flotte – das war aber nicht das, was ihr den Atem verschlug. Unter dem Kapitän befanden sich zwei Kugeln, eine riesige, die in Flammen zu stehen schien und eine kleinere, die dabei war in mehrere Teile zu zerbrechen.

Planeten!

Sterbende Planeten, aber es sind Planeten. Wir haben die interdimensionale Spalte verlassen.

Konnte das wirklich sein? Hatten sie, nach tausenden von Jahren, einen Weg gefunden, sich zu befreien?

Und haben wir dann gleich den ersten Planeten vernichtet, den wir gefunden haben?

Das konnte sie nicht glauben. Ein Planet würde gefeiert, nicht vernichtet werden.

Ein Blick zu den Waffenanzeigen des Schiffes und den Statusmeldungen der anderen Schiffe bestätigte das. Niemand von ihnen hatte auch nur einen einzigen Schuss abgegeben.

Was auch immer uns aus der Spalte befreit hat, muss den Planeten und seinen…, sie musste kurz überlegen, wie die kleinen Körper hießen, die einen Planeten umkreisten, …seinen Mond vernichtet haben.

Wenige Sekunden später flammten sämtliche Antriebe der Schiffe in ihrer Flotte gleichzeitig auf, um sich in Bewegung zu setzen.

„Unsere Sensoren haben einen bewohnten Planeten im System entdeckt. Seine Bewohner scheinen technologisch fortgeschritten. Sie werden sich der Unnennbaren und ihren Dienern unterwerfen oder vernichtet werden.“

Es war eine Erklärung für die anwesenden Rekruten, die restliche Besatzung des Schiffes war direkt mit dem neuralen Netzwerk verbunden und brauchte keine gesprochene Kommunikation.

Für eine Weile flog die Flotte in Formation in Richtung ihres Zielplaneten. Pawet’iru konnte nicht sagen, wie lange sie das tat, denn sie beobachtete voller Spannung das Hologramm. Es war etwas, das es seit tausenden von Jahren nicht mehr gegeben hatte, das sie nicht gedacht hatte, in ihrem Leben zu sehen: Die Flotte bewegte sich nicht durch die Leere der Spalte, sondern durch ein Sonnensystem. Mit Sternen und Planeten, mit einer Sonne, die selbst im Hologramm in einer Helligkeit strahlte, die sie sich nie hätte vorstellen können.

Und dann sprangen sie in den Hyperraum und tauchten kurz danach über ihrem Zielplaneten wieder auf – mit aktivierten Waffensystemen.

Die Ix zogen in den Krieg.